11.11.2022

Heute Youngstars, morgen CHIO?

Sie sammelt Goldmedaillen als wäre es das Normalste der Welt. Und auch bei den Aachen Dressage Youngstars hat sich die 15-Jährige bereits zweimal zur Hallen-Championess gekrönt. Ein Besuch bei Rose Oatley im heimischen Lütjensee.

Das Herbstlaub glänzt in der Morgensonne und wirft ein herrliches Schattenspiel auf den neu angelegten Dressurplatz. Im Hintergrund dösen Pferde auf ihren großzügigen Paddocks, andere genießen von ihren Fenstern aus den Blick in die umliegende Natur. Einzig das rasante Klicken einer Fotokamera unterbricht die Bilderbuch-Idylle. Auf dem Pflaster vor den Stallungen posiert Rose Oatley mit Daddy Moon, ihrem Herzenspony, wie die 15-Jährige ihren Sportpartner liebevoll nennt. „Ihm habe ich einfach alles zu verdanken“, sagt sie mit erröteten Wangen, während ihre Augen voller Stolz blitzen. Die Erfolgsliste der beiden ist lang. Unfassbar lang. Die drei Goldmedaillen bei den Pony-Europameisterschaften 2021 sowie der Titel bei den Deutschen Meisterschaften in diesem Jahr sind nur ein kleiner Auszug daraus. Gefragt nach ihrem schönsten gemeinsamen Moment muss Rose aber nicht lange überlegen. Wer jetzt allerdings den Rückblick auf eine ihrer Weltrekord-Leistungen erwartet, wird eines Besseren belehrt. „Der schönste Moment war, als ich Mooni das erste Mal gesehen habe“, sagt Rose und streichelt ihrem Palomino-Pony dabei liebevoll über die Nüstern. Eine sympathische Szene einer jungen Sportlerin, die trotz aller Erfolge bodenständig und erfrischend natürlich geblieben ist.

Der Moment, den sie beschreibt, ist inzwischen sechs Jahre her. Rose ist neun Jahre alt, als der damals frischgekürte Bundeschampion der sechsjährigen Dressurponys als Überraschung für sie im Stall steht. Bis dahin hat sie gemeinsam mit einer Freundin auf einem Ponyhof in der Nachbarschaft das Einmaleins des Reitens gelernt. Ohne Druck, ohne Zwang, ganz spielerisch. „Das war mir sehr wichtig. Rose sollte selbst herausfinden, ob das Reiten etwas für sie ist oder nicht“, sagt ihre Mutter Kristy Oatley. Die beiden Brüder Oskar und Ben haben dazu keine Lust. Das ist aber völlig in Ordnung, „sie sind verrückt nach Tennis und Fußball.“ Letzteres wundert wenig: Vater Piotr Staczek ist ehemaliger Fußballprofi des FC St. Pauli.

 

Rose aber möchte reiten. Die Zusammenarbeit mit den vierbeinigen Partnern, die diesen Sport so einmalig macht, fasziniert sie. Von Beginn an träumt sie davon, einmal so erfolgreich zu sein, wie ihre Mutter. „Oder vielleicht sogar noch ein bisschen erfolgreicher“, schmunzelt Rose. Ein großes Ziel, immerhin ist Kristy Oatley bereits viermal für ihr Heimatland Australien ins olympische Viereck eingeritten. Als junges Mädchen ist die heute 44-Jährige nach Deutschland umgesiedelt, um im Sattel Karriere zu machen. Und von so einer Karriere träumt nun auch Rose, die ihre Mutter als Vorbild verehrt und als Trainerin schätzt. Eine Konstellation, die prima funktioniert. „Wir können immer über alles sprechen“, sagt Rose, die ihre eigene Leistung aber stets auch selbstkritisch analysiert. „Ich bin zufrieden, wenn ich weiß, dass ich mein Bestes gegeben habe“, sagt die junge Reiterin, die aktuell parallel im Ponylager, aber auch schon bei den Junioren in der internationalen Spitze mitmischt.

Der Umstieg vom Pony auf das Großpferd ist für Rose kein Problem. Schon früh reitet sie die Pferde der Mutter, übt auf deren Starpferd Du Soleil die Lektionen der schweren Klasse. Rose ist engagiert, wissbegierig und ausgesprochen talentiert. „Das habe ich direkt gespürt, als ich sie das erste Mal auf einem Pony gesehen habe“, berichtet Kristy Oatley über ihre Tochter, die ihrem Sport alles unterordnet. „Ok, Schule muss sein“, lacht Rose, die sich neben dem Reiten mit Kickboxen fit hält. „Das stärkt den Rumpf und fördert das Balancegefühl“, erklärt sie die Vorzüge für den Reitsport, um den sich ihr Leben dreht. Dabei hat der Umzug auf die eigene Reitanlage in diesem Sommer vieles einfacher gemacht. Waren die Pferde zuvor im knapp 30 Kilometer entfernten Reinbek beheimatet, liegt das neue Domizil nur einen Steinwurf vom Haus der Familie in Lütjensee entfernt. Super für Rose: Sie kann die kurze Strecke mit dem Fahrrad fahren. Und das macht sie täglich. Manchmal sogar mehrfach.

 

Auf dem großzügigen Areal warten auf sie neben Daddy Moon aktuell vier Großpferde, jedes von ihnen ist für Rose etwas ganz besonderes. Mit Veneno war sie in diesem Jahr Teil des siegreichen deutschen Teams bei der Junioren-Europameisterschaft, kurz darauf belegte sie gemeinsam mit Rock Revolution Platz vier bei den Deutschen Meisterschaften. Und dann ist da noch die siebenjährige Sommernacht. „Sie ist eine wirklich unglaubliche Stute. Vom ersten Moment an wusste ich, dass sie perfekt zu uns passt“, schwärmt Rose von der einstigen Bundeschampionats-Siegerin der fünfjährigen Dressurpferde, mit der sie Ende Oktober im polnischen Zakrzow ihren ersten internationalen Start direkt vergolden konnte. Komplettiert wird das Quartett von WM-Silbermedaillengewinner Hesselhøj Downtown. Der Sechsjährige hat erst kürzlich seine Box in Lütjensee bezogen. „Die Chemie zwischen uns beiden stimmt einfach“, freut sich Rose über ein weiteres Ausnahmepferd, mit dem sie in Zukunft ihre Träume verwirklichen möchte. Einer davon ist auch ein Start beim CHIO Aachen. „Jedes Jahr, wenn ich bei den Aachen Youngstars dabei sein darf, reite ich im Deutsche Bank Stadion ein paar Runden im Schritt“, erzählt Rose. „Die Atmosphäre dort ist einfach unglaublich. Dort einmal reiten zu dürfen, wäre großartig.“ Und es wäre ein weiterer Schritt, in die Fußstapfen von Mutter Kristy zu treten.

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