18.06.2024
Mein Sport ist meine Passion
Sechsmal war Isabell Werth (GER) bislang bei Olympischen Spielen am Start. Siebenmal Gold und fünfmal Silber lautet ihre großartige Bilanz. Ein Gespräch mit der 54-Jährigen über olympische Momente und den Traum von Paris.
Ihr erster Olympiasieg liegt inzwischen 32 Jahre zurück. Welche Erinnerungen haben Sie an die Olympischen Spiele 1992 in Barcelona?
Mit der Teilnahme in Barcelona ist damals für mich ein Traum in Erfüllung gegangen. Das erste Mal Olympische Spiele erleben zu dürfen, war etwas ganz Besonderes. Man spürt dort eine ganz andere öffentliche Wahrnehmung und auch das Zusammentreffen aller Sportarten ist besonders aufregend. Ich habe aber versucht, mich auf mich und mein Pferd zu konzentrieren. Denn obwohl ich damals erst 22 Jahre alt war, bin ich als amtierende Europameisterin mit hohen Er-wartungen nach Spanien gereist. Dass am Ende dann Gold und Silber dabei herausgekommen sind, war natürlich großartig.
1996 in Atlanta haben Sie neben der Goldmedaille mit dem Team auch in der Einzelwertung ganz oben auf dem Podest gestanden. Wie sehr hat dieser Sieg Ihre Karriere nachhaltig beeinflusst?
Eine olympische Goldmedaille in der Einzelwertung zu gewinnen, ist der größte Erfolg, den wir in unserem Sport erreichen können. Ich war zum damaligen Zeitpunkt bereits Europameisterin und Weltmeisterin. Daher hat der Olympiasieg meine Erfolgssammlung komplettiert. Das war ein großartiger Moment in meiner Karriere – auch oder gerade weil der Weg dorthin ein wahres Wechselbad der Gefühle gewesen ist. Damals wurde die Einzelwertung noch durch die Addition der einzelnen Prüfungen entschieden und der Grand Prix Spécial war leider nicht so verlaufen wie er-hofft, aber in der Kür ist es uns dann geglückt, diesen Rückstand wettzumachen. Das war ein unglaublicher Erfolg für mich persönlich, aber auch für das Team an meiner Seite.
Sie haben in Ihrem Sport unzählige Titel gesammelt. Haben die olympischen Medaillen einen besonderen Stellenwert?
Ja, natürlich. Olympische Spiele finden nur alle vier Jahre statt. Dort Medaillen zu gewinnen, ist das Ziel eines jeden Sportlers. Aber natürlich bedeutet das nicht, dass Erfolge bei Welt- oder Europa-meisterschaften für einen selbst nicht ebenso bedeutend und emotional sein können. Ich denke da an die Weltreiterspiele 2006 in Aachen oder in Tryon 2018, bei denen ich ebenfalls unvergessliche Momente mit zwei ganz besonderen Pferden erleben durfte.
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Olympische Spiele haben ihre eigenen Besonderheiten. Sie waren bereits sechsmal dabei. Welche Spiele verbinden Sie mit den schönsten Erinnerungen?
Das lässt sich nicht pauschalisieren. Alle Spiele, bei denen ich bislang dabei sein durfte, sind auf ganz unterschiedliche Art und Weise besonders gewesen. Das liegt zum einen an den Pferden, die mich dorthin begleitet haben, zum anderen aber auch an den Austragungsorten an sich. In Barcelona war alles kompakt in einer Stadt, Atlanta war typisch amerikanisch und in Rio de Janeiro durften wir diese besondere brasilianische Lebensfreude erleben. Auch Sydney habe ich als besonders stimmungsvoll in Erinnerung. Da haben uns die Zuschauer richtig spüren lassen, wie sehr sie sich gefreut haben, dass wir Sportler alle auf die andere Seite der Welt gekommen sind. In Hongkong waren die Reitwettbewerbe ausgelagert, da fehlte natürlich ein bisschen das olympische Flair. Und in Tokio waren die Bedingungen zwar hervorragend, aber die Atmosphäre war coronabedingt fast schon ein wenig gespenstig.
Gibt es für Sie den einen olympischen Moment, an den Sie besonders zurückdenken?
Nein, davon gibt es einige. Ich denke da zum Beispiel an Sydney, als ich mit Gigolo FRH unsere dritten gemeinsamen Spiele erleben durfte. Es gibt in der olympischen Geschichte nicht viele Pferde, die das geschafft haben. Ein Pferd über einen so langen Zeitraum in der Weltspitze halten zu können, das ist wirklich etwas Außergewöhnliches. Darauf bin ich sehr stolz und daran denke ich gerne zurück.
Das große Ziel aller Sportler sind in diesem Jahr die Olympischen Spiele in Paris. Dort noch einmal als aktive Reiterin dabei zu sein, träumen auch Sie davon?
Natürlich. Mein Sport ist meine Passion, meine Leidenschaft. Ich liebe es nach wie vor, Pferde auszubilden und suche den Leistungsvergleich. Und damit sind Championate und so auch die Olympischen Spiele in Paris natürlich das erklärte Ziel. Die Tatsache, dass sich nur drei Reiter für die Mannschaft qualifizieren, macht es in diesem Jahr jedoch wieder besonders spannend. Ich werde mein Bestes geben, aber wir müssen abwarten, wer sich schlussendlich für das Team empfehlen wird.
Bislang haben Sie bei Olympischen Spielen siebenmal Gold und fünfmal Silber gewonnen. Mit einer weiteren Goldmedaille könnten Sie die Kanutin Birgit Fischer als erfolgreichste deutsche Olympionikin ablösen. Haben Sie das im Hinterkopf?
Nein, überhaupt nicht. Das war schon vor und während der Olympischen Spiele in Tokio ein Thema in den Medien. Aber ich habe mir da gar keine Ge-danken drüber gemacht, sondern war dort alleine auf mich und mein Pferd fokussiert. Fast hätte es ja da schon geklappt. Aber eben nur fast. In diesem Jahr sind viele tolle Teams mit großartigen Paaren unterwegs. Ich denke, es wird in Paris im entscheidenden Moment auch auf die Tagesform ankommen. Für mich persönlich gilt es aber erstmal, mich zu qualifizieren. Und dann sehen wir weiter …
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