21.04.2021
Zuhause bei Janne Friederike Meyer-Zimmermann
Sie ist Sportlerin, Unternehmerin und bald auch Turnierveranstalterin. Wir haben Janne Friederike Meyer-Zimmermann auf ihrer Anlage in Pinneberg vor den Toren Hamburgs besucht.
Es gibt Momente, die wir ein Leben lang nicht vergessen. Magische Momente, an die wir uns immer wieder erinnern, so als wären sie gestern gewesen. Janne Friederike Meyer-Zimmermann hat so einen Moment erlebt. Noch heute huscht der 40-Jährigen ein Lächeln über das Gesicht, wenn sie von den letzten Metern im Großen Preis von Aachen im Jahr 2011 berichtet: „Der Weg zum letzten Sprung, ich wusste direkt, dass wir das schaffen.“ Wir, damit meint Janne sich und ihren damaligen Sportpartner Cellagon Lambrasco. „Er war weder besonders vermögend, noch mit einer herausragenden Technik ausgestattet“, beschreibt sie den nur 1,60 Meter großen Wallach. „Aber er hat einfach in jedem Parcours alles auch sich herausgeholt und noch ein bisschen mehr.“
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Frau Meyer und ihr „Mops“
So auch in der Aachener Soers vor zehn Jahren. Das Foto der beiden, auf dem die Reiterin mit hochgerissen Armen über das letzte Hindernis fliegt, ging damals um die Welt. Heute ziert es nicht nur die Wände auf der heimischen Anlage in Pinneberg, sondern auch das Logo des Turnier- und Handelsstalls, den Janne gemeinsam mit Ehemann Christoph betreibt. „Auf diese Weise habe ich Cellagon Lambrasco jeden Tag ein bisschen bei mir“, erzählt Janne, für die der kleine Wallach mit dem großen Kämpferherz das Wunderpferd ist, das man nur einmal im Leben findet. Und ihr „Mops“, so sein Spitzname, ist es auch, der ihr ihre bislang größten Erfolge schenkte. Dazu gehören auch die Mannschafts-Goldmedaillen bei der WM in Kentucky 2010 und der EM in Madrid ein Jahr später. Inzwischen 23 Jahre alt, genießt der Libero-Sohn seine wohlverdiente Rente auf den großzügigen Koppeln des elterlichen Hofs – übrigens zusammen mit Jannes erstem internationalen Erfolgspferd Callistro, den sie liebevoll „Opa“ nennt.
Mücke macht den Anfang
Wann immer es ihr Terminkalender zulässt, besucht Janne ihre beiden Oldies. Und kehrt so dorthin zurück, wo sie einst ihre reiterlichen Anfänge machte. Als Tochter zweier Holsteiner Züchter hat sie schon früh den Weg in den Sattel gefunden. Um genau zu sein ist sie gerade einmal zwei Jahre alt, als ihr Vater Friederich sie bei seinen Ausritten vor sich aufs Pferd setzt. „Sie hatte schon immer ein unglaubliches Körpergefühl und einen unerschütterlichen Gleichgewichtssinn“, erzählt ihre Mutter Ursula. Schmunzelnd denkt sie an die vielen besorgten Anrufe aus der Nachbarschaft zurück, wenn Janne mal wieder heimlich auf der Koppel mit Zuchtstute Adante durch die Herde galoppierte – natürlich ohne Sattel und Zaumzeug. „Sogar auf die Hausschweine unseres Bekannten ist sie geklettert“, schildert Ursula die Reitbegeisterung ihrer Tochter. Und sie muss herzlich lachen, als sie sich erinnert, wie Janne mit ihrem ersten Pony Mücke durch den hofeigenen Teich geschwommen, mit dem Schlitten gefahren oder beim Ponyrennen dabei gewesen ist. Das alles hatte natürlich mit Sport noch nichts zu tun.
Doch die Zeit mit Mücke hat Janne geprägt. „Bis heute ist es eine meiner Stärken, das ich immer versuche, mir den Spaß am Reiten zu erhalten“, so die 40-Jährige. „Das überträgt sich auch auf die Pferde. Nur wenn sie Freude an der Arbeit haben, sind sie auch bereit, ihr Bestes zu geben.“ Und sogar aus den anfänglichen Schwierigkeiten, mit Mücke kleine Turniere zu bewältigen, zieht Janne Positives: „Ich habe es noch nie als selbstverständlich angesehen, dass etwas klappt. Man muss alles lernen und immer weiter üben.“ Und genau das hat sie getan. Schnell gehört Janne zu den besten deutschen Nachwuchsspringreitern. Mit gerade mal zwölf Jahren reitet sie ihre erste Deutsche Meisterschaft bei den Ponys. 2002 feiert sie mit der Bronzemedaille bei den Junioren-Europameisterschaften im dänischen Kopenhagen ihren ersten internationalen Erfolg.
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Pferdesport als Beruf(ung)
Ehrgeizig, aber nie verbissen folgt Janne ihrer Leidenschaft. Direkt nach dem Abitur macht sie sich selbstständig – auch ohne die sonst übliche Lehre zur Pferdewirtin. „Ich würde das vielleicht niemandem empfehlen, aber ich selbst würde es immer wieder so machen“, lacht sie und verrät zugleich, dass der Weg, den sie eingeschlagen hat, nicht immer einfach ist. Sie weiß, der Pferdesport ist ein knallhartes Geschäft, in dem man nicht nur gut reiten, sondern auch gut rechnen können muss. „Es geht natürlich nicht immer nur bergauf. Das kennt jeder Sportler, das kennt jeder Unternehmer“, erklärt die dreifache Deutsche Meisterin. „Sind die Zeiten schwierig, muss man sich selbst hinterfragen und schauen, was optimiert werden kann, damit es wieder besser läuft.“
2016 hat sich die leidenschaftliche Hobbypilotin gemeinsam mit ihrem Mann Christoph den Traum von einer eigenen Reitanlage erfüllt. In Pinneberg vor den Toren Hamburgs hat das Ehepaar ein ehemaliges Dressurzentrum in ein Paradies für Springreiter verwandelt. Auf Hof Waterkant gibt es 42 Boxen, einen riesigen Sandplatz, weitere Außenplätze, zwei Hallen, eine Führanlage, eine Rennbahn, Paddocks und Weiden. „Das Wohl unserer Pferde steht an erster Stelle“, sagt Janne und man spürt: Für sie ist das keine Phrase, sondern gelebte Alltäglichkeit. Ihr eigener Alltag hat sich dabei in den letzten Jahren ein wenig verändert: „Auch, wenn das Reiten natürlich für mich noch immer an erster Stelle steht, habe ich mittlerweile viele andere Verpflichtungen, es gibt immer etwas zu verändern, zu verbessern oder zu erledigen – im Stall, auf der Anlage oder im Büro.“
Turnierpremiere auf Hof Waterkant
Und wäre das alles nicht Arbeit genug, planen Janne und Christoph für diesen Sommer das erste internationale Turnier auf ihrer Anlage. „Gerade in diesem Jahr, wo es durch die Pandemie für unseren Sport so extrem schwierig ist und viele Veranstalter absagen müssen, wollen wir ein Event anbieten, das möglichst viele Reiter anspricht“, erklärt Janne, die sich im Juli natürlich auch selbst mit ihren Pferden der Konkurrenz stellen wird: „Ich werde dann herausfinden, ob es ein Heimvorteil oder vielleicht sogar eher schwieriger ist, auf dem eigenen Platz ein Turnier zu reiten.“ Satteln wird sie dann auch Büttner’s Minimax. Der 12 Jahre alte Cornado I-Nachkomme ist aktuell ihr Spitzenpferd. Und wer weiß, vielleicht schenkt er seiner Reiterin auch irgendwann so einen magischen Moment wie einst Cellagon Lambrasco in Aachen 2011.
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